Nachschau: VNL Powerday Zoll 2022 in Kapfenberg

Beim diesjährigen Powerday Zoll und Exportkontrolle des VNL (Verein Netzwerk Logistik) war prodata Geschäftsführer Alexander Hanisch erstmals als Vortragender mit dem Thema „Inhouse Verzollung in der Praxis – Wie können Zollprozesse IT-technisch abgebildet werden?“ vor Ort. Obwohl die Veranstaltung heuer unter dem Motto „Agil, Adaptiv, Automatisiert“ stand, wurde sie großteils vom derzeit aktuellen und großen Themenkreis Exportkontrolle und Sanktionen gegen Russland und Belarus geprägt.

prodata war beim Powerday Zoll 2022 vor Ort – mit Alexander Hanisch als Vortragenden wie auch zum fachlichen Austausch. Für all diejenigen, die es heuer nicht nach Kapfenberg geschafft haben, möchten wir die Tagesagenda wie folgt kurz zusammenfassen.

Sanktionen und Exportkontrolle. Herausforderungen in 2022 mit Fokus Russland und Belarus

Schon der erste Beitrag widmete sich dem aktuellen Geschehen in der Ukraine und die damit zusammenhängenden Sanktionen. Mag. Simon Fleischmann, Referent für Außenwirtschaft in der WKÖ, stand mit brandaktuellen Infos zu den Sanktionspaketen Rede und Antwort. Prinzipiell haben sich alle in der EU ansässigen Unternehmen an die EU-Sanktionen zu halten – ausgenommen sind Tochter bzw. Schwesterunternehmen im Drittland. Für diese sind die dort geltenden Sanktionsmaßnahmen einzuhalten.

Dual-Use Güter sowie Waren der Technologie-Güterliste dürfen nicht mehr in die sanktionierten Gebiete eingeführt werden. Vorher gelieferte Waren müssen jedoch noch bezahlt werden – auch entgegen der Behauptung, dass Swift-Überweisungen nicht mehr durchführbar wären. Die Bezahlung offener Posten ist von nicht sanktionierten Banken bzw. auf Antrag von in der EU eingefroren Konten weiterhin möglich.

Bestehen Altverträge über die Lieferung von Dual-Use Güter sowie Waren der Technologie-Güterliste, deren bestehende Genehmigung jetzt die Gültigkeit verloren haben, kann noch bis 1. Mai 2022 um eine neue Genehmigung angesucht werden.

Ist ein bereits vertraglich besiegeltes Geschäft auf Grund der Sanktionen nicht mehr durchzuführen, rät Herr Fleischmann sich auf das „Force Majeure“ zu berufen und eine dementsprechende Erklärung der WKÖ für den betroffenen Geschäftspartner einzuholen. Diese kann im schlimmsten Fall zwar nicht vor einer Nichteinhaltungsklage schützen, zeigt aber nach außen hin den guten Willen.

Die aktuellsten Informationen erhalten sie auf der WKO Website.


Zoll 2022 – Herausforderungen aus Unternehmenssicht

Im zweiten Vortrag gab Marc Wege von Siemens Energy Austria GmbH ein paar nützliche Inputs wie man auf die derzeitigen Herausforderungen im Außenhandel sinnvoll reagieren kann.

Da Siemens in den letzten zwei Jahren coronabedingt eine Frachtratensteigerung von 300 bis 800% verzeichnet hat, haben sie sich folgende Fragen gestellt:

Lohnt sich eine Präferenzabwicklung unter diesen Aspekten überhaupt noch, macht die Einfuhr von Antidumping-Produkten noch Sinn bzw. ist Aktive Veredelung derzeit das richtige Mittel der Wahl? Oder ist es nicht sinnvoller auf heimische Produkte umzusteigen um die gestiegenen Transportkosten zu umgehen? Für einen Qualitätscheck kann es unter Umständen sogar billiger sein, hinzufliegen und vor Ort die Ware zu begutachten anstatt sich ein Muster schicken zu lassen.

In der Intrastatabgabe hat sich dieses Jahr ebenso einiges getan. Die Umstellung auf den zweistelligen Code bei der Art des Geschäfts und eine korrekte Instrastat-Nachmeldung vom Vorjahr waren hierbei zu berücksichtigen.

Zum Thema Brexit verwies er auf die Wichtigkeit zeitgerecht die ENO-Nummer (Entry Number) zu beantragen, die nunmehr für die Importabwicklung in Großbritannien zwingende Voraussetzung ist. Hat der Frachtführer diese nicht rechtzeitig zur Hand, kommt es zu Verzögerungen beim Grenzübergang.


Aktuelles und Praktisches aus dem Bereich des Zolls

Helmut Steinwiedder vom Zollamt Österreich, Zollstelle Leoben, verwies auf die langen Wartezeiten beim Erhalt der zollamtlichen Ausgangsbescheinigung. Derzeit kann es auf Grund von Überforderung an den Ausgangszollstellen bis zu drei Monate dauern bis diese einlangt. Herr Steinwiedder bittet daher einen Antrag auf nachträgliche Austrittsbestätigung erst nach 90 Tagen zu stellen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die zollamtliche Ausgangsbescheinigung in den meisten Fällen vor der nachträglichen Austrittsbestätigung eintrifft.

Übrigens werden für die Zwecke der Umsatzsteuerbefreiung in der Ausfuhr auch andere Nachweise vom FAÖ akzeptiert, sodass eine zollamtliche Ausgangsbescheinigung für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit nicht unbedingt erforderlich ist. Eine zollamtliche Ausgangsbescheinigung ist nur zwingend notwendig bei einer Sonstigen Beförderung (UStR 2000 Rz 1099) und der Beendigung eines besonderen Verfahrens (z.B.: Aktive Veredelung oder Vorübergehende Verwendung).


4 Fragen des Exporteurs: automatisierter Exportkontrollprozess in der Andritz AG

Anschließend schilderte Mario Horjak wie die automatisierte Exportkontrolle mit Hilfe von SAP GTS in der Andritz AG implementiert wurde. Mit einem doch beträchtlichen Anteil an Dual-Use Gütern im Produktportfolio war die Einrichtung eines Exportkontrollverantwortlichen bzw. einer zentralen Koordinationsstelle Exportkontrolle (ZKE) notwendig. Dabei ist zu achten, dass bei der Bestellung kein interner Interessenskonflikt besteht. Das oberstes Ziel der Vertriebsleitung wird z.b. einer objektiven und rechtskonformen Handlungsweise immer im Wege stehen.

Die Sanktionslistenprüfung wird als anlassbezogene Prüfung, also wenn im SAP ein Geschäftspartner angelegt oder ein Beleg erstellt wird, durchgeführt. Da neue Aufträge so nicht berücksichtigt werden, sind wöchentliche „Generalchecks“ aller Kreditoren, Debitoren und Mitarbeiter erforderlich. Im Einsatz sind die Sanktionlistenlistendaten von Reguvis, aber auch von Dow Jones, da diese zusätzlich Infos z.B. zu Eigentümerverhältnissen liefert.

Außerdem findet eine Länderembargoprüfung statt, die in der Regel kaum Aufwand erfordert, da die „Länderlisten“ wenig Änderungen unterworfen sind. Die kaufmännische Sorgfaltspflicht erfordert zudem den Endverwendungszweck bei „verdächtigen“ Kunden zu hinterfragen und im Verdachtsfall an die Behörde zu melden. Für Russland und Iran können dazu sogenannte „End Use Zertifikate“ (Endverbleibserklärung) eingeholt werden.

Die Güterprüfung soll in den kommenden Monaten als durchgängige, IT unterstützte Gütertarifierung und -klassifizierung bei Auftauchen eines noch unbearbeiteten Materials in einem ASAP Exportdokument (SO od. OD) umgesetzt werden.


Inhouse Verzollung in der Praxis – Wie können Zollprozesse IT-technisch abgebildet werden?

Daran anknüpfend stellte Alexander Hanisch von der prodata GmbH die Inhouse Verzollung mit Hilfe der SAP integrierten Zollsoftware pZoll vor. Zur Untermauerung zeigte er einige verschiedene Anforderungen an die Software-technische Abbildung in Industrieunternehmen anhand von vier Best-Practice Beispielen.

Angefangen bei der Abwicklung eines einfachen Exportverfahrens bei Saint Gobain wurde ebenfalls auf das Importverfahren beim Beschlägehersteller Blum am Beispiel der Wareneinfuhr in die Schweiz eingegangen. Im Zuge dessen stellte prodata die dort im Einsatz befindlichen Automatisierungsprozesse für einen effizienteren Ablauf der Inhouse Verzollung vor.

Weiter ging es mit der Abbildung der Zentralen Zollabwicklung bei Egger, die die Zollanmeldung der Standorte in Deutschland, Frankreich und Rumänien über das österreichische Zollsystem e-zoll ermöglicht. Zu guter Letzt wurden bei der Treibacher AG noch die Verfahren „Aktive Veredelung“ sowie „Zolllager“, welche ebenfalls bequem aus der SAP integrierten Zollsoftware von prodata abgewickelt werden können, vorgestellt.


Stolperstein Nebenkosten – zollrelevante Kosten erkennen und richtig deklarieren

Julian Berger von Schenker & Co AG gab zuletzt noch einen informativen Einblick in die Zollwertberechnung beim Import und damit zusammenhängenden Risiken einer Falschdeklaration.

Was viele nicht wissen, Beistellungen, Lizenzgebühren und Beförderungs- und Versicherungskosten sind neben Provisionen, Maklerlöhnen und Umschließungs- und Verpackungskosten ebenso miteinzuberechnen. Bei den Beistellungen ist zu beachten, dass geistige Beistellung (Software/Know-How/technische Daten im Herstellungsprozess, wenn keine Leistungssteigerung bewirkt wird) nicht zum Zollwert hinzugerechnet werden muss. Dient Software allerdings zur Funktionserweiterung /-verbesserung (z.B. Bordcomputersystem, Betriebssysteme, Navigationssysteme, Software von Steuergeräten) handelt es sich um Materialbeistellung und muss miteinbezogen werden.

Kosten für Analysen (z.b. Schadstoffe), Zertifizierungen (TÜV, CE, ISO), Qualitätssiegel (BIO), Werbung, Garantieleistungen, etc. (Stichwort: Aufgespaltene Kaufpreis), müssten rein rechtlich gesehen ebenfalls zum Zollwert hinzugezogen werden.


Abschließend möchten wir uns noch beim Verein Netzwerk Logistik recht herzlich für die Einladung zum Powerday Zoll bedanken. Es war wieder einmal ein interessanter Austausch mit Kollegen aus dem Fachbereich Zoll. Besonders gefreut hat es uns, einige unserer Kunden, sowohl langjährige als auch neue, dort persönlich getroffen zu haben.

 

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